Habt ihr schon mal ein Buch gelesen, welches ihr keine Sekunde aus den Augen legen wolltet? Ihr saßt in der Arbeit oder Uni und dachtet nur daran diese scheißgute Buch fertig zu lesen? Und gleichzeitig wart ihr schon ein wenig traurig das es bald aus sein wird?
Genau so ging es mir diese Woche. Ich hatte am Freitag frei und da so gutes Wetter gemeldet war flitzte ich morgens um 9Uhr zum Türken Obst kaufen und schnell in den Buchhandel im Einkaufszentrum. Ich war überrascht das so viele Menschen bei 30° im Einkaufszentrum mit vollen Tüten herumlaufen. Ich wollte mir ursprünglich einen guten Krimi kaufen und war schon auf dem Weg zur Kasse, als ich auf einem Tisch ein Buch mit einer Notiz eines Mitarbeiters laß und auch das Cover hatte sofort meine Aufmerksamkeit. Ich saß den Klappentext und es war sofort klar : Ich muss es lesen.
Es geht um eine krebskranke Frau,namens Rabbit,die ihre letzten 9 Tage im Hospiz erlebt. Sie hat eine 12 jährige Tochter und eine wundervolle Familie. Die Perspektiven wechseln sich ab, sodass man aus jeder Person sehen und fühlen kann. Das dies keine Komödie wird, war eigentlich klar, allerdings war dieses Buch nicht nur traurig sondern Rabbit und ihre Familie waren so herzzerreißend liebenswert und auch lustig, dass es einen wirklich mitnimmt. Rabbits einzig große Liebe war Johnny, ein junger und kranker Musiker. Auch diese Lovestory wird auch wundervolle Weise dargestellt und man merkt regelrecht, wie Rabbit ihrer großen Liebe jeden Tag näher kommt.
Für mich war dieses Buch nicht einfach nur „ein gutes Buch“, sondern es war als würde ich meine eigene Geschichte lesen. Mamas Geschichte. Ich wusste ganz genau was in Rabbit´s Tochter Juliet vor sich geht. Die Ungewissheit. Die Angst allein zu sein. Nie wieder diese Liebe spüren zu dürfen. Irgendetwas zu verpassen. Das Leben unter den Füßen weggerissen zu bekommen. Doch trotz der 12 Jahre unterschied bin ich Juliet auf einer Weise sehr ähnlich und andererseits doch so verschieden. Aufgrund der Krankheit und gerade im Hospiz pflegt sie ihre Mutter, schmust mit ihr und genießt den Moment. Auch ich war in dieser Zeit zu weit mehr Körperkontakt bereit wie die Jahre davor. Ich machte ihr die Fingernägel, hielt ihre Hand als ich bei ihr am Krankenbett saß und legte mich zu ihr ins Bett und wir schauten gemeinsam „Shopping Queen“. Allerdings konnte ich meiner Mama nie offen sagen, wie lieb ich sie habe oder wie stolz ich auf sie bin. Geschweige denn habe ich jemals ein Wort über ein Leben nach ihr verloren.
Rabbit´s Kapitel berührten mich sehr. Ich wusste zwar, wie meine Mama tickte, allerdings hatte bzw. habe immer noch Fragen, die ich sie gerne Fragen würde. Wie kann man das akzeptieren, dass man sterben muss? Ist man da nicht dauerhaft traurig und muss weinen? Hat man Angst vorm Sterben? Realisiert man das richtig? All diese Fragen wurden mir zwar nicht beantwortet, aber ich glaube einen besseren Blick darauf bekommen zu haben. Rabbit war genau wie Mama eine super starke Frau und bis zum Schluss bereit zu kämpfen. Doch beide haben nie gejammert, dass sie sterben müssen. Sie haben beide das Schicksal akzeptiert und versucht die letzten Momente einzufangen. Für mich eine wahnsinnige Vorstellung. Aber ich glaube, dass diese Menschen, die kurz vor dem Tod stehen kaum an sich denken, sich selbst kaum bemitleiden (dazu ist eh kaum Zeit) sondern sorgen sich um den anderen- Kinder,Eltern,Ehemänner/frauen usw. Ich fühlte mich während des lesens meiner Mama so nah, weil sie genau diese Zeilen auch geschrieben haben können.
Der Punkt an dem mir die Tränen losschossen, war der Moment, als Rabbit und Juliet zum ersten Mal, nachdem Juliet wusste das sie sterben wird, zusammen treffen. Juliet wählte wundervolle Worte und ich glaube, könnte ich den Moment zurückdrehen, würde ich meiner Mama das gleiche sagen. Sie redeten davon wie lieb sie sich haben. Rabbit konnte es ihrer Tochter nicht selbst sagen, und ich glaube Mama auch nicht. Ich habe es auch erst nur durch die Blume erfahren („Es gibt keine Behandlung mehr“) und dann von einer „guten“ Freundin meiner Mum. Die einzige mit der ich ganz offen über Mamas Tod und alles was dazu gehörte redete waren meine Tante und meine Cousine. Auch bei Mama und mir gab es den Moment, als ich das erste Mal nach Bewusstsein, dass sie keine Therapie mehr bekommt, zu ihr ins Krankenhaus kam. Ich weiß noch das ich um meine Traurigkeit zu überspielen überfröhlich war-natürlich nur gespielt bzw. ich versuchte sie irgendwie aufzuheitern oder eben nicht weiter nach unten zu ziehen. Ich habe an diesem Tag gefüllte Paprika gekocht und sie war sehr erstaunt und stolz wie gut ich mich im Haushalt schlage. Ich vermisse deine Schinkennudeln, Dampfnudeln und vor allem deinen Rosenkohl. Dieses Zusammentreffen rührte mich so zu Tränen und ich war den ganzen Tag in Trance und in Gedanken, sodass meine Tante fragte ob alles in Ordnung ist. Ich habe ihr nichts von diesem Buch erzählt, weil sie für so etwas zu nah am Wasser gebaut ist.
Danke Anna McPartlin für mein neues Lieblingsbuch!